Johann Wolfgang von Goethe (1749 bis 1832) beschäftigte sich nicht nur mit Literatur sondern auch mit Naturwissenschaften und näherte sich seinen Betrachtungen über Farbe von einem ganzheitlichen Denkansatz her. Sein Buch „Zur Farbenlehre“ erschien als Erstausgabe 1810 in der Cotta´schen Verlagsbuchhandlung. Er betrachtete dieses umfassendste seiner Werke als wichtiger als alle seine literarischen Veröffentlichungen. Goethe beleuchtete darin das Phänomen Farbe aus verschiedenen Blickwinkeln in seiner Gesamtheit. So war es ihm ebenso wichtig, die Entstehung der Farben vom naturwissenschaftlichen Standpunkt her zu erklären wie auf die psychologischen und ästhetischen Aspekte von Farben einzugehen und außerdem zu erklären, wie seine Erkenntnisse in der Malerei genutzt werden könnten.
Goethe vertrat die Meinung, dass Farben an der Grenzlinie zwischen Licht und Finsternis entstehen. Dabei liege laut Goethe die Farbe Gelb „zunächst am Licht“, während die Farbe Blau „zunächst an der Finsternis“ liege. Mit seiner Ansicht, dass Farben aus dem Halbdunkel entstünden stand Goethes Theorie in krassem Gegensatz zu Newtons naturwissenschaftlichen Erkenntnissen im Hinblick auf die Spektralfarben, aus denen weißes Licht besteht. Dies ist der Hauptgrund dafür, dass Goethes Farbenlehre teilweise auf starke Ablehnung stieß.
Für Johann Wolfgang von Goethe waren Gelb und Blau die zwei reinen Farben auf denen er seine Farbtheorie aufbaute. Er erkannte jedoch ebenso, dass Purpur (Rot) nicht aus anderen Farben mischbar ist. Deshalb stellten Gelb, Blau und Rot für ihn die reinen Malfarben dar. Goethe stellte diesen drei Farben ihre Komplementärfarben Violett, Orange und Grün in seinem Farbkreis gegenüber. Dieser Farbkreis beginnt mit Rot ganz oben, gegenüber liegt ganz unten Grün.
Der Teil des Kreises, der von Rot zu Gelb übergeht, stellte für Goethe die „Plusseite“ dar: Gelb, Rotgelb (Orange), Gelbrot (Menning, Zinnober) Die Farben „stimmen regsam, lebhaft, strebend“.
Der zweite Teil des Kreises, der von Rot zu Blau übergeht, betrachtete Goethe als „Minusseite“: Blau, Rotblau und Blaurot. Diese Farben „stimmen zu einer unruhigen, weichen und sehnenden Empfindung“.
„So wie Gelb immer ein Licht mit sich führt, so kann man sagen, dass Blau immer etwas Dunkles mit sich führe.“
Goethe beschrieb die einzelnen Farben seines Farbkreises ihrer „sinnlich-sittlichen“ und ästhetischen Wirkung nach und erläuterte auch die Bedeutung und Wirkung von Kombinationen von Farben. Diese ganzheitliche Betrachtung des Themas Farbe war für Goethe von großer Wichtigkeit. Er nahm in seinen „historischen Betrachtungen“ auch Bezug auf Farben in der Kleidung: „Man bezieht bei Kleidungen den Charakter der Farbe auf den Charakter der Person. So kann man das Verhältnis der einzelnen Farben und Zusammenstellungen zu Gesichtsfarbe, Alter und Stand beobachten.“
Johann Wolfgang von Goethes Werk hatte großen Einfluss auf die Farbenlehre und auch auf die Farbtypenlehre.
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